06 GALERIE VAN DER GRINTEN
AKTUELL
Rikako-Kawauchi: Seven persons, 2024, watercolor and pencil on paper, 241 x 333 mm
AKTUELL
Paintings & Watercolors
Rikako Kawauchi
Eröffnung: 30.8.2024, 18–22h
Ausstellung: 30. August – 26. Oktober 2024
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
VAN DER GRINTEN GALERIE
Gertrudenstr. 29, 1. Stock
50667 Köln
+49-221-29 85 91 75
art@vandergrintengalerie.com
www.vandergrintengalerie.com
Paintings & Watercolors
"Food, animals, organs, plants, bodies etc, everything outside me is everywhere in the air. I breathe them in, I breathe them out".
Die erste Einzelausstellung der japanischen Künstlerin Rikako Kawauchi in der Galerie Van der Grinten im Jahr 2020 trug den schlichten Titel “Lines“. Damit gab er ohne Umschweife den formalen Leseschlüssel für das gesamte Werk vor, den offensichtlich roten Faden, der sowohl in ihren Zeichnungen (Bleistift und Aquarell) als auch in ihren dreidimensionalen Werken (aus mit Harz ummanteltem Draht) sichtbar war. Die Kraft des Strichs zeigte sich dort sowohl in den kleinformatigen als auch in den über drei Meter hohen Zeichnungen als unmittelbare, noch pulsierende Umsetzung der physischen Energie, die die Künstlerin während des kreativen Akts spürte und erlebte. Der Strich als Beweis für die Existenz des Körpers; die Linie als Ergebnis: der Körper als der wesentliche Ankerpunkt von Kawauchis’ künstlerischer Praxis und Reflexion, sowohl in formaler wie sinnlicher und philosophischer Hinsicht. In ihren eigenen Worten: „Ich glaube, dass die Linie wirklich den Zustand des Körpers einer Person ausdrückt. Obwohl der Zustand meines eigenen Körpers vage und unsicher ist, habe ich dennoch das Gefühl, dass die Linie meinen Körper und meine Gedanken, die in Bewegung sind, an einem Punkt fixiert. Wenn ich mir später die Dinge ansehe, die auf diese Weise fixiert wurden, habe ich das Gefühl, dass ich ein wenig besser verstehen kann, wie mein eigener Körper und meine eigenen Gedanken zu diesem Zeitpunkt waren.“
Für ihre zweite Ausstellung in der Van der Grinten Galerie hat Kawauchi einen sehr langen Titel gewählt, ein Zitat, das diesmal den Weg zur thematischen und gedanklichen Lesart ihrer Werke ebnet: “Food, animals, organs, plants, bodies etc, everything outside me is everywhere in the air, I breathe them in, I breathe them out” (“Lebensmittel, Tiere, Organe, Pflanzen, Körper usw., alles, was außerhalb von mir ist, ist überall in der Luft, ich atme sie ein, ich atme sie aus“). Wir zeigen zum ersten Mal Ölgemälde parallel zu einer Auswahl von neuesten Zeichnungen auf Papier. Im Gegensatz zu den leichten und klaren Zeichnungen, in denen die Formen im Raum des oftmals leer und makellos belassenen Blattes schweben und atmen, behaupten sich Kawauchis Ölgemälde in ihrer physischen Präsenz: In die dicken, frischen Schichten farbiger Materie dieses abstrakten und massiven Hintergrunds werden mit dem Spachtel Motive gegraben, die genau von derselben physischen Energie zeugen wie die reduzierten Linien, die auf das Blatt Papier gezeichnet werden. So betont Mika Kuraya, Direktor des Kunstmuseums von Yokohama, in diesem Zusammenhang: „ … unabhängig davon, mit welchem Zeichenmaterial die Linien auf den Untergrund gezeichnet werden, werden sie unweigerlich die Spuren des Körpers der Künstlerin einschreiben. Um den Sinn ihres eigenen Körpers in veräußerlichter Form zu entdecken, verlangt Kawauchi, dass die Spuren ihres Körpers eine stärkere Markierung in der malerischen Oberfläche hinterlassen.“
Die Bildsprache, die man in den Gemälden entdeckt, greift viele Elemente auf, die man bereits in den Zeichnungen angetroffen hat. Allerdings finden wir auch komplexe Kombinationen, in denen Nahrung, Tiere, Organe und Pflanzen noch stärker in mehr oder weniger chaotischen Kompositionen miteinander verschmelzen. Hier befinden wir uns im Herzen der Themen, mit denen sich die Künstlerin beschäftigt: die Wechselwirkungen zwischen dem Äußeren und dem Inneren des Körpers, die Ein- und Aufnahme über physiologische Wege (Essen, Atmen) der Welt, die unsere Körperhülle umgibt, ihre Umwandlung und Rückgabe (in Körpersubstanz und Energie). Die Mehrdeutigkeit und Verschmelzung der Motive, die als Darstellung einer Sache (eines Organs) oder einer anderen (einer Pflanze) gelesen werden können, die symbolische Vielseitigkeit dieser Motive sowie ihre obsessive Wiederkehr finden unter anderem ihren Widerhall in den Mythologien bestimmter alter Kulturen, wie sie Claude Lévi-Strauss analysiert, der große strukturalistische Anthropologe, dessen Einfluss Kawauchi in ihrem Werk betont. So sagte Kawauchi in einem Interview mit Mika Kuraya: „Die Ursprünge der menschlichen Kultur basieren auf der Ernährung und den mit dem Körper verbundenen Aktivitäten wie Verdauung und Ausscheidung. Diese Analyse stimmte mit meinen eigenen Überlegungen zum ema Essen und Körper überein. Darüber hinaus analysiert Lévi-Strauss alle Arten von Motiven in der Mythologie, wie Tiger, Palmen und andere Pflanzen und Tiere, und betrachtet sie als Verwahrer abstrakter Bedeutungen und Metaphern“.
Rikako Kawauchi, geboren 1990 in Tokyo, studierte an der Tama Art University und schloss ihr Studium 2017 mit dem Master ab. Bereits 2014 erhielt sie den 1st CAF Award und ein Jahr darauf den begehrten Shiseido Art Egg Award. Denen folgten 2021 der TERRADA art award und 2022 der VOCA Award. Kawauchi wird in Japan von der Tokioter Galerie Waitingroom und in Europa von der Van der Grinten Galerie vertreten.
Ausstellung: 30. August – 26. Oktober 2024
Eröffnung: 30.8.2024, 18–22h
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
ARCHIV
Roy Mordechay: Wide awake 09, 2020, watercolour and ink on paper, 32cm x 24cm
ARCHIV
"Aus der Zeit und aus dem Raum", Objekte außereuropäischer Kulturen in Dialog mit Zeichnung und Malerei von
Frans Roermond alias Franz van der Grinten, Roy Mordechay
Eröffnung: 22.6.2024, 18–21h, Künstler und Leihgeber sind anwesend
Ausstellung: 22. Juni – 19. August 2024
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
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Gertrudenstr. 29, 1. Stock
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"Aus der Zeit und aus dem Raum", Objekte außereuropäischer Kulturen in Dialog mit Zeichnung und Malerei
Bilder schauen einen fragend an, Skulpturen schauen Bilder an.
Die Idee zur aktuellen Ausstellung kam bei der Beschäftigung mit den Werken von Roy Mordechay* und Frans Roermond**. Beide Künstler verbindet, dass sie sich mit Bildwerken außerhalb ihrer direkten Reichweite beschäftigen. Bei Mordechay sind es die Kunstgegenstände der Antike, in und mit denen sich sein Heimatland Israel geschichtlich verankert, und bei Roermond die aufgeladenen Kultfiguren aus Melanesien, die er lange studiert hat. Zentral ist die Beschäftigung mit der Kulturgeschichte des Menschen, mit Wurzeln unserer ästhetischen und schöpferischen Fähigkeiten und den entsprechenden Lebenswelten.
Mordechays Aquarelle sind eindringlich, die abgebildeten Köpfe und Gesichter verselbstständigen sich zu verdichteten Erscheinungen, die intensiv und emotional sind. Sie sind dunkel, ohne düster zu sein, und ziehen die Betrachtenden fast magisch an. Insofern korrespondieren sie sehr gut mit den Gemälden von Frans Roermond, die überwiegend 2014 entstanden sind und eine Phase abschließen, in der er sich mit der Außergeschichtlichkeit der Kulturen in Papua Neuguinea beschäftigt hat: Masken als kultische Objekte, ein Männerhaus als Ort des Schutzes, eine Wasserfontäne als Axis Mundi.
All dies wird aufgeladen von der Anwesenheit afrikanischer und ozeanischer Skulpturen mit ihrem geheimnisvollen Innenleben. In dem Maße, wie man sich ihnen annähert, geben sie ihr Innenleben preis. Zumindest aber geht von ihnen eine spürbare Konzentration und Ausstrahlung aus, so dass der gesamte Raum in Schwingungen versetzt wird.
Wir danken den Sammlern Dr. Hartmut und Dr. Maria Kraft und Susanne Hortig und Reinhold Buckenmayer für Ihre Leihgaben.
- *Roy Mordechay (geb. 1976 in Haifa, Israel) studierte von 1999 bis 2002 am Avni Institut of Art and Design in Tel Aviv. Er erhielt zahlreiche Stipendien, Preise und Förderungen u.a. den Israel Young Artist Prize, Ministry of Culture, den Israel Lottery Council for Culture and Art, sowie 2014 das Stipendium der Lepsien Art Foundation, wodurch er nach Düsseldorf kam, wo er heute lebt und arbeitet.
** Frans Roermond (geb. 1967 als Franz van der Grinten) beschäftigte sich nach einem abgebrochenen Kunststudium an der HdK Berlin und einer Lehre als Tierpräparator kontinuierlich mit Super8-Filmen, Fotografie, Zeichnung und Malerei durch Projekte, Einzelausstellungen und solche mit Künstlerfreunden. Dies führte 1997 zur Gründung eines Projektraums in der Ewaldistraße in Köln. Dieser sollte sich zur aktuellen Van der Grinten Galerie entwickeln. Erst ab 2014 setzte van der Grinten seine künstlerische Arbeit unter dem Namen Frans Roermond fort.
Eröffnung: 22.6.2024, 18–21h, Künstler und Leihgeber sind anwesend
Ausstellung: 22. Juni – 19. August 2024
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
ARCHIV
„Die sachliche Fotografie von KARL HUGO SCHMÖLZ"
Werbe & Architektur Vintages der 1930er bis 1950er Jahre
ARCHIV
Werbe- und Architektur Vintage Prints der 1930er bis 1950er Jahre
Hugo Schmölz, Karl Hugo Schmölz
Ausstellung: 26.4. – 15.6.2024
Eröffnung: 26.4.2024, 18–21h
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
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Werbe- und Architektur Vintage Prints der 1930er bis 1950er Jahre
All images by Karl Hugo Schmölz (1917-1986) display outstanding artistic quality and a unique signature brand of technical perfection. During his lifetime, Karl Hugo Schmölz had already made a name for himself far beyond his native Germany with his special lighting technique, which lends the photographs, especially the architectural interiors, an often hyper-realistic sharpness and depth.
Another feature of the trademark Schmölz approach is the impeccable preparation done for each photograph. Absolutely nothing was left to chance, producing results that were head and shoulders above the work of many contemporaries. This pre-planning involved gaining an exact appreciation of the volume and expressive quality of the subject in question, be it an interior, a passageway or an entire building, so that the photographic presentation would not just show surfaces but also manage to capture depth-of-space and a characteristic atmosphere.
The images produced by Schmölz communicate a palpable sense of materiality: the viewer can virtually feel the coolness of metal, the softness of fabric, the smooth sensual patina of polished wood, the bright light piercing a clear pane of glass. Here, Schmölz reveals himself to be a genius in his use of light: existing natural light, additional technical lighting apparatus, and the combination of the two, to mutually enhancing effect. Finally, the precise positioning of the camera, the exactly defined height of the sight line, and the exposure time were all decisive factors in the representation of spatial and architectural situations. That applies especially to the industrial photographs.
Without a doubt, Karl Hugo Schmölz holds a special place among the German architectural photographers of the 1950s. Profoundly knowledgeable and passionate about architecture, his engagement is reflected in a large circle of architect friends. The exceptional significance of Schmölz lies in his success in developing a photographic language to consistently communicate his passion in sober, objective perfection.
Ausstellung: 26.4. – 15.6.2024
Eröffnung: 26.4.2024, 18–21h
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
ARCHIV
Marcus-Neufanger: Cover, Lawrence Weiner, oil pastel on paper, 100 x 70 cm
ARCHIV
Die schönen Tage der Kunst sind gezählt
Marcus Neufanger
Ausstellung: 24.2.2024 – 13.4.2024
Eröffnung: 23.2.2024, 18–21h
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.
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Die schönen Tage der Kunst sind gezählt
Seit Anfang der 90er Jahre arbeitet Marcus Neufanger an einem konsistenten Werk über Künstler in ihrer Beziehung zu den Möglichkeiten, wie sie ihre Botschaften (über das eigene physische Werk hinaus) in die Welt senden. Die beliebtesten Mittel hierfür sind Künstlerbuch und Selbstinszenierung. Obwohl es sich wohl immer um Portraits von Künstlerinnen und Künstlern handelt, mit denen Marcus Neufanger eine Beziehung zur Kunstwelt und sich selber herstellt, geht es nicht um die Qualität dieser Botschaften. Es geht eher um die Darstellung der Möglichkeiten, also mehr um das, was die Botschaften erregen und erzeugen könnten, denn sie sind ja häufig linear, egomanisch oder exzentrisch.
1992 entstanden die ersten gemalten Umschlagtitel nach Katalogen seiner eigenen Bibliothek, und in dem Maße, wie es ständig Neuerscheinungen gibt, wächst auch das Oeuvre der sogenannten „Cover Paintings“ an. Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen entsteht.
2005 beginnt er die Serie der „Portraits“. Diesmal dienen veröffentlichte Fotos und Zitate als Vorlage für Zeichnungen mit Ölkreide. Diese wurden 2018 als umfangreiche Monografie von der Van der Grinten Galerie herausgegeben.
Schließlich folgen 2008 die ersten „Vanity Paintings“, als deren Bildmotiv nun lediglich die Nachnamen der Künstler dienen. Alle drei Werkblöcke streben, vergleichbar mit dem typologischen Werk von Bernd und Hilla Becher, der Unendlichkeit zu. Es ist gut möglich, dass Marcus Neufanger beim Malen seines ersten Bildes klar war, was passiert, und dass er damit aller Voraussicht nach nicht mehr aufhören würde. Zum Glück für alle, die diese Art intelligenter Kunst schätzen.
Marcus Neufanger ist 1964 in Nürnberg geboren. Er lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall. Werke von Marcus Neufanger sind in zahlreichen deutschen Sammlungen repräsentiert, wie u.a. Staatsgalerie Stuttgart, ZKM, Karlsruhe, Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Graphothek Stuttgart, Grafische Sammlung Esslingen, Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Künzelsau, Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall, Sammlung BW Bank, Stuttgart, und zahlreichen deutschen Privatsammlungen.
Ausstellung: 24.2.2024 – 13.4.2024
Mi–Fr von 11–18h / Sa von 12–18h u.n.V.