12 THOMAS REHBEIN GALERIE
AKTUELL
Mariele Neudecker: Ancestral Environment (Evolutionary Time Scale No. 1), 2023 104 Farbschichten auf Holzschiff / 104 layers of color on wooden model ship 81 x 100 x 40 cm
AKTUELL
Nothing Ever Stays the Same / 2024
Mariele Neudecker
Ausstellung: 30.8. – 12.10.2024
Eröffnung: 30. August 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
THOMAS REHBEIN GALERIE
Aachener Straße 5
50674 Köln
+49-221-310 10 00
art@rehbein-galerie.de
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Nothing Ever Stays the Same / 2024
Alles, was geschieht, ist ein Ereignis einer Kette von Ereignissen, jedes Zukunftsszenario ist das erdachte Ergebnis von etwas, das bereits passiert ist. Alles, was da war, wird wieder sein, bis vielleicht nichts mehr ist. Generation um Generation der Menschheit kommt und geht. Die Erde ist geblieben.
Mariele Neudecker beweist uns durch die Arbeiten in der Ausstellung „Nothing Ever Stays the Same“, dass alles miteinander verbunden ist, ein Kreislauf, in dem Grenzen verschwimmen, subtil oder direkt. Ein Kreislauf, in dem alles geht und wiederkehrt. Alles ist verbunden, und alles, was lebt und existiert ist den Naturgesetzen unterworfen. Wir sind den Gezeiten unterworfen, dem Wetter, der Vergänglichkeit. Auch wenn wir versuchen, erhaben über diese Gesetzmäßigkeiten zu sein, sind wir doch nur temporäre BewohnerInnen. Nichts bleibt, wie es ist – und doch kommt alles zurück.
In der Ausstellung „Nothing Ever Stays the Same“ berichtet die Künstlerin Mariele Neudecker von ihren künstlerischen und tatsächlichen Forschungen zur und in der Natur, indem sie uns auf Entdeckungsreisen anheuert. Sie stellt uns vor Fragen, was Natur und Landschaft ist, was beides sein kann und was sie nicht sind. Was künstlicher, künstlerischer und menschlicher Eingriff sein kann, und wie alles zusammenwirken kann. Im Rahmen der Ausstellung werden gattungsübergreifende Fragen der Realitätsformung, Orientierungssuche und Richtungsfindung aufgeworfen. Die Ausstellung ist eine Kombination aus Gemälden und Skulpturen, alleinstehend oder in einem genreübergreifenden und -hinterfragenden Sinne, inhaltlich und formal. Globale, ideelle und universelle Gesetzmäßigkeiten sind Teil der Untersuchungen, die sie uns in Form von verschobenen Landschaftsmalereien, felsengroßen, mit Öl bemalten Objekten auf dem Boden, einem mit Farbschichten ausgestalteten Modellschiff und Wassertanks mit (Schein-)Landschaften präsentiert und repräsentiert.
Mariele Neudecker führt uns in ihren Werken und Ausstellungen immersiv in Forschungsstationen, meist im ewigen Eis, und bildet uns dabei unsere Umwelt, unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und vielleicht auch unsere Zukunft ab. Dabei geht es auch immer um die Natur des Menschen.
Ist der Mensch sich seiner Vergänglichkeit und der seiner Umwelt bewusst, so versucht er auch umso mehr sich selbst zu verstehen, als auch die Welt, auf der er lebt. Das untergehende Schiff der Menschheit will betrachtet werden, der Mensch will erobern und besitzen. Will besitzen, was er nicht besitzen kann. Setzt imaginäre Grenzen, bestimmt Länder und rammt seine Fahnen in die Erde.
Und letztendlich ist doch jede Repräsentation eine Frage der Perspektive, eine Frage des Blickwinkels, und damit subjektiv, schlussendlich verfälscht. Dies beweist das wiederholt auftauchende Motiv von Karten in Neudeckers Werk, die sie sich aneignet und selbst mit eigenen Sujets und Symbolen bemalt, verformt, entfremdet, schlussendlich entlarvt.
– excerpt from a text by Elisa Mosch, 2024
Ausstellung: 30.8. – 12.10.2024
Eröffnung: 30. August 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
ARCHIV
Exhibition view, from the Contingency series, Photo: Simon Vogel
ARCHIV
The Devil Is On the Earth: Elements from Myths, Fairy Tales, Conundrums and Sicial Issues
Dove Bradshaw
Ausstellung: 21.6. – 10.8.2024
Eröffnung: 21. Juni 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
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The Devil Is On the Earth: Elements from Myths, Fairy Tales, Conundrums and Sicial Issues
Time is something ever-present, constantly progressing, always happening.
Simultaneously time is an instance that can only be perceived through its causality — it is something invisible in itself, something subtle, and yet something determining. Time determines our existence, our being in this three-dimensional world, and is the guiding principle behind the progress of our lives. The relationship between time and space in our perception is variable: they occur independently of each other and yet overlap. In principle, people perceive them as separate from each other. Thus, the effect of an event cannot occur earlier than its cause.
How far are we in control, are we initiators of chain reactions in the time-space relationship and hence in world events? How far are we subordinate?
The American artist Dove Bradshaw (*1949, New York) presents two sides of her work — The Contingency works (1984-2024) and the Elements (1979-2024).
In the first series mentioned – Contingency – Bradshaw introduces the dimension of time into space through materials subjected to volatile chemicals. She visualizes the progression of time by these reactions developing in their given space. The interrelation between the artist who decides on an action and the element of time that affects this decision determines the consequences. People may be aware of the consequences of their actions, which time knows about with certainty — and concretizes perceptibly as a clear consequence. These consequences are written through natural contingency, structured chance and thus simultaneously through possibilities. Thus change is the driving force behind this body of work. […]
The artist uses the autonomy of the artworks as a contingent concept of aesthetics. Autonomy, control and dependence between work and artist, work and material, work, space and time, blur, and change. Dove Bradshaw paints with chance. She refers to the works in her Contingency series as paintings. Indeed, over time, her creative experiments showed her that the aleatory moment of random reactions always seemed to produce painterly qualities. Coincidence and nature as they flow in their paths of development can be trusted by her when her conscious impulse has been set. The poetic aesthetic, the framework of each of her works, is given by the artist as a foundation.
“Bradshaw’s work is willing to give of itself and to change itself, andwithout losing itself.” – John Cage
– excerpt from a text by Elisa Mosch, 2024
Ausstellung: 21.6. – 10.8.2024
Eröffnung: 21. Juni 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
ARCHIV
Ulrich Pester: Ohne Titel, 2024, Eitempera auf Leinwand, 50 x 65 cm
Ulrich Pester: Rüstung, 2024, Öl auf Leinwand, 50 x 65 cm
ARCHIV
Grüße zurück
ULRICH PESTER
Ausstellung: 3.5. – 15.6.2024
Eröffnung: 3. Mai 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
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Grüße zurück
Bei der Betrachtung der neuen Arbeiten, Acryl auf Leinwand, von Ulrich Pester, wirft sich die Frage auf, in welche Szenerie beziehungsweise Szene man hineingeraten ist.
Die Stückelung und das Wiederaufgreifen eines skizzenhaften, jedoch klar erkennbaren Motivs evozieren den Eindruck eines Filmbands. Die Bilder scheinen in Bewegung zu sein. Eine Bewegung, die eine Fortführung des Gezeigten verlangt, jedoch begrenzt und gerahmt wird vom Ende der Bildfläche. Anfang und Ende sind nur durch das Medium gegeben, der Inhalt spricht gegen Begrenzung. Etwas wird angespielt und hallt dann nach. Durch das Sehen der Sujets Pesters wird das Weiterdenken in uns angestoßen.
Dieser Anklang vertieft sich durch das repetitive Moment einer dargestellten Figur. Die Wiederholung eines Motivs im Bild lenkt den Blick auf dessen Details, in dem die Einzelheiten und Unterschiede zu Untersuchungen werden. Die gefühlte Spontaneität der Malerei provoziert akribisches beobachten. Durch die szenische Darstellung beginnt eine subtile Wahrnehmungslenkung.
Trotz oder gerade wegen der skizzenhaften, konturenarmen Maltechnik Pesters, und der Qualität der Beiläufigkeit, entstehen organische Bilder. Die Leichtigkeit der Technik verschafft den Bildern einen Raum, der Erinnerungen in uns weckt. Erinnerungen, wie fröhliche Träume aus der Kindheit, die umschlagen und eintauchen ins Unheimliche, und wiederum auftauchen in die Verspieltheit.
„Grüße zurück“ ist eine Floskel, eine Konvention, ein Automatismus. Jedoch auch etwas Vertrautes, etwas Angenehmes, etwas, das man gerne hört und sagt. Die Widersprüchlichkeit im Impliziten dieser Aussage ergibt den übergeordneten Rahmen, der den Arbeiten gemein ist.
Auch die neu entstandenen Keramiken greifen Traditionen auf, in der Form von antiken schlichten Vasen mit matter Farbigkeit, und verwerfen sie durch die inhaltlich assoziative Abstraktion, zum Teil repetitive Figuration, die – wie in den Malereien – dem Filmschnitt ähnelt.
Die neuen Arbeiten in der Ausstellung „Grüße zurück“ von Ulrich Pester spielen mit Wiederholungen, Verwirrungen durch Widersprüche, und dem Willen zum Offenlassen von Bedeutungen. Hier stehen Fragmente, Anspielungen und Beiläufigkeiten im Zentrum.
– Elisa Mosch, 2024
Ausstellung: 3.5. – 15.6.2024
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2024, Aufzeichnung, Video 4K
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Membrāne
PAULINE HAFSIA M’BAREK
Ausstellung: 15.3. – 27.4.2024
Eröffnung: 15. März 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
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Membrāne
Ein weißes Blatt ist nicht einfach nur leer. Ein Blatt ist verfilzter, organischer Faservlies oder ein Meer aus rot, grün, blauen Leuchtdioden. Ein Blatt ist sensible Projektionsfläche, Haut, Sonde und bewegter Aufzeichnungsträger. Ein Blatt kann ein opakes Fenster sein und ein Raum unendlicher Überforderung. Ein Blatt ist beständiges Fragen und befragt werden.
Als Membrane werden dünne Gewebeschichten bezeichnet, die zwei Räume voneinander abgrenzen und vermitteln. Ausgehend von der etymologischen Verknüpfung menschlicher (Haut) und nicht- menschlicher Körperlichkeit (Pergament), steht in der Ausstellung Membrāne von Pauline Hafsia M’barek das leere Blatt als halbdurchlässige Materialität und diskursive Figur des Dazwischens im Zentrum. Gleich einer Membran bildet das Blatt eine osmotische Kontaktfläche, die stetige Austausch- und Transformationsprozesse zwischen Innen und Außen zulässt.
Durch verschiedene, performative Experimente und mikroskopische Erkundungen untersucht die Künstlerin das Blatt als poröses Medium bzw. das Papier als flüssig-feste Materialität und setzt es verschiedenen Transformationen aus: Seiten werden tastend berührt, atmosphärisch affiziert oder vom herabfallenden Regen bezeichnet. Papiere entstehen aus Staub oder verflüssigen sich.
In einer Konstellation aus verschiedenen Video-Projektionen, Papierarbeiten und Objekten, zeigt diese Ausstellung die tastenden, hin- und herströmenden Suchbewegungen und Prozesse ihrer eigenen Entstehung. So eröffnet sich ein Raum der analog-digitalen Mikrophänomene, der flatternden Unruhe und hauchfeinen Berührungen. Annäherungen an eine Bildlichkeit, die immer wieder entgleitet und prekär bleibt.
Auszug aus einem kollaborativen Text von Alisa Kronberger und Pauline Hafsia M’barek
Ausstellung: 15.3. – 27.4.2024
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
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Shelter from the Storm
Thomas Renwart
Ausstellung: 12.1. – 9.3.2024
Eröffnung: 12. Januar 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
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Shelter from the Storm
Thomas Renwarts (*1995, Belgien) textile Wandarbeiten, gewebt und teilweise gestickt, zeigen ambivalente Sujets. Er webt seine Bilder auf einem Webstuhl in seinem Atelier in Gent, in einem alten Kloster. Das Weben hat für ihn eine Bedeutung von familiärem und kulturellem Erbe. Seine Großeltern besaßen eine Weberei, seine Großmutter brachte ihm das Sticken bei. Auch das Genre der Wandtapisserien geht in Belgien auf eine lange Tradition zurück. Renwart greift diese auf und übersetzt sie in die Gegenwart. Dabei vermischt er persönliche Gedanken und Gefühle, in Bildform, häufig von Text gerahmt, mit Inhalten aus der Literatur, Wissenschaft, Geschichte oder Pop-Kultur. Seine Referenzen sind eine Mischung aus Poesie und Realismus, Erinnerung und Statement.
Renwart hat nicht nur eine Vorliebe für das Mythologische, sondern auch für das Mystische und Verwunschene. Er sieht etwas Verborgenes in der Flora und Fauna und bringt dies in seinen Werken zum Ausdruck. Die Sensibilität für Gefühle, Erinnerungen, das Übernatürliche und Poetische verwebt er so mit dem Stoff, dass eine andere manifeste Realität entsteht, die Schönheit und Dramatik verbindet.
Von der Raupe zur Puppe, von der Puppe zum Schmetterling. Eingeschlossen, eingeschlafen, aufgewacht, aufgebrochen, neugeboren. Schmetterlinge sind fragile Wesen, geschaffen durch die Härte und Schönheit der Natur. Sie sind von zerbrechlicher Anmut und doch durch die Metamorphose geboren. Bequem und unbequem, bedrückend eingeengt und doch geborgen. Eingesperrt, allein in Abgeschiedenheit, im Schutz ihrer eigenen Kreation. Erst der Kokon, dann das Aufbrechen und dann die farbenfrohe Expressivität ihres Seins. In Enge und dann in weichem Flug.
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Thomas Renwarts (*1995, Belgien) textile Wandarbeiten in der Einzelausstellung »Shelter from the Storm« zeigen wiederholt das Sujet des Schmetterlings. Dargestellt im Fluge inmitten historischer Planetenkarten verweisen sie auf den tiefverwurzelten Wunsch des Menschen, sich seine Welt und Umwelt erklären zu wollen, während er sich selbst versucht zu erkennen. Seine Arbeiten sind von alchemistischer, ritueller und mystischer Kraft und kosmischer Energie umgeben. Sie helfen uns zum einen mit den stark ambivalenten Themen und Gefühlen der aktuellen gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Lage auf melancholische, emotionale und intime Art umzugehen. Sie zeigen uns die dunkle Seite menschlicher, und vor allem persönlicher Entwicklungen im Laufe des Lebens. Gleichzeitig jedoch geben sie uns Halt in einer undurchschaubaren Welt, in der Heiterkeit und Illusion als Dogma auferlegt werden. In einer Gesellschaft, in der Distanz häufig über Tiefe gesetzt wird.
When I was very young Nothing really mattered to me But making myself happy
I was the only one
Now that I am grown Everything′s changed I'll never be the same Because of you
Wenn Schmetterlinge, die buntgeflügelten Gestalten, in den Sturm kommen, verstecken sie sich unter Blättern oder in kleinen Höhlen. Denn wenn sie von den Tropfen des Regens berührt würden, so würden sie ihren Schmetterlingsstaub verlieren. Die bunten Schuppen auf ihren Flügeln sind Hohlkörper und nicht nur dekorativ, sondern auch ihres Flügelschlags Stabilität. Der Sturm würde ihre Stabilität zerstören. Also verstecken sie sich. Ihre eigenen Flügel und ihre eigene Schönheit werden sie niemals sehen. Ihren sanften Flug wohl selbst nicht wahrnehmen. Die Faszination für ihre Metamorphose und ihre Flügelpracht hinterlassen sie nur für die Außenwelt. Sie sind umgeben von naiver Reinheit. Wie die pure Form von Liebe
Liebe erhält Naivität. Sie lässt uns beibehalten, was wir in der Kindheit hatten.
Die Zeit, in der alles gefragt wird, aber nichts hinterfragt. Nichts einen Wert hat und alles eine Bedeutung. Und dann irgendwann fangen auch wir an, uns zu verstecken. Es kommen die Erfahrungen, das Menschsein, das Erwachsensein, inmitten des Sturms. Wir lieben anders, wir lieben romantisch.
Und das erste Mal Lieben ist kindisch, ist unvorsichtig, bedeutet kein Schutzschild, und bedeutet Schweben, Lachen und Weinen. Die Unvoreingenommenheit enthüllt uns dann die Gefahren und Enttäuschungen, die die Liebe vermeintlich birgt. Wir fangen an Unvorsicht mit Gefahr zu verwechseln. Und dann kommen wir zu der Bewusstwerdung, dass alles – eingeschlossen dem Selbst – nach Zerstörung, nach Verfall strebt. Dass jeder Tag auf Erden unseren Körper mehr zu dem bringt, was uns allen gleich ist: dem Tod. Unsere Naivität geht verloren. Und naiv, das wird oft abwertend gesagt. Doch bedeutet es »von kindlich unbefangener, direkter und unkritischer Gemüts- und Denkart, treuherzige Arglosigkeit beweisend«, in der Literaturwissenschaft gar »in vollem Einklang mit Natur und Wirklichkeit stehend«, im Schauspiel steht die Naive für das Rollenfach der »jugendlichen Liebhaberin«1. Wann ist Naivität etwas Negativkonnotiertes geworden?
Nothing really matters Love is all we need Everything I give you All comes back to me
Looking at my life It′s very clear to me I lived so selfishly I was the only one
Zuerst, in der Kindheit, sind wir die Raupe. Dann kommt der Kokon. Erst dürfen wir, im besten Fall, alles sein und dann müssen wir plötzlich etwas sein. Uns anpassen, uns hart machen, um nicht verletzt werden zu können. Uns rüsten, uns fremdbestimmen lassen. Wie weltschmerzlich das ist, zeigt die Gebrochenheit der jungen Gesellschaft, das Tabu der Gefühle, die Zensur der Tiefe, die einfache Ersetzbarkeit, die Backups und die Fluchten, die tiefgehende Liebe mehr und mehr verblassen lässt. Plötzlich betreten wir eine Welt, in der Vulnerabilität ein Risiko darstellt, Gefühle zeigen mit Schwäche, und Kälte mit Stärke gleichgesetzt – ein offenes Herz mit Bedürftigkeit verwechselt wird, Liebe ausgetrickst wird durch Spiele. In der die Oberflächlichkeit, die Objektivierung von Menschen und ihre Austauschbarkeit uns die Kraft nimmt, uns einsam fühlen lässt. Das Chaos des Lebens, das uns einst keine Angst machte, wird plötzlich bedrohlich.
Und dabei sind wir alle so müde davon stark sein zu müssen, aber keiner gibt es mehr offen zu. Lebt in uns allen doch noch das fragile Wesen, dem die Härte der Welt zu viel ist.
Thomas Renwart schreibt uns in »Shelter from the Storm« eine Geschichte, in der die Schmetterlinge uns zurückleiten zu dem, was wir waren. Uns Halt geben darin, wieder vulnerabel sein zu dürfen, uns wahrgenommen und nicht austauschbar zu fühlen. Er bietet uns diesen Raum, bietet einen Unterschlupf vor der stürmischen Welt, er setzt Tiefe über Distanz.
I realize
That nobody wins Something is endin' And something begins
Nothing takes the past away Like the future Nothing makes the darkness go Like the light
You're shelter from the storm Give me comfort in your arms2
Thomas Renwart zeigt, dass wir im intimen Raum geschützt sind, und die Fähigkeit haben, ihn zu schaffen. Dass das, wovor wir uns fürchten und schützen, letztendlich unsere Befreiung sein kann. Es geht darum Stille zu finden, in einer schweren Welt, die Würde in den kleinen Dingen wiederzufinden, sich dem naiven Glauben wieder hinzugeben und Vertrauen zu haben.
Vielleicht ist Liebe unsere Rettung. Vielleicht ist Liebe unser Schutz. Und vielleicht bedeutet Liebe doch kein Schmerz, sondern ist unser einziger Trost. Vielleicht ist Liebe das, was bleibt, das was immer zurückkommt und das einzige, wovor wir keine Angst haben müssen.
Nichts vertreibt die Dunkelheit, wie das Licht.
Ausstellung: 12.1. – 9.3.2024
Eröffnung: 12. Januar 2024, 18 – 21h
Di–Fr von 11–13h und 14–18h / Sa von 11–16h
THOMAS REHBEIN GALERIE
Aachener Straße 5
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